200 Jahre Universitätklinikum Erlangen 1815-2015

12 Karl-Heinz Leven Einleitung Am Montag, dem 20. November 1815, dem Tag, an dem der sogenannte »Zweite Pariser Frieden« unterzeichnet wurde, der die europäische Staatenwelt nach dem Sieg über Napoleon bei Waterloo neu ordnen sollte, begann für die 1743 in Erlangen begrün- dete Universitätsmedizin eine neue Epoche ihrer Geschichte. Der Chirurg Bernhard Nathanael Gottlob Schreger (1766–1825), der seit 1797 in Erlangen tätig war, eröffnete an diesem 20. November 1815 ein »stabiles und ambulantes chirurgisches Clinicum« in der heutigen Wasserturmstraße 14. 1 Dieses Haus war die bescheidene Keimzelle des heutigen Universitätsklinikums. Die Besonderheit, die Schregers Gründung auszeichnete, war die Tatsache, dass acht Betten für stationär aufzunehmende Kranke vorhanden waren. Dort konnten erstmals an der Erlanger Medizinischen Fakultät Medizinstudenten am Kran- kenbett ausgebildet werden. Von der Wasserturmstraße 14 sind es nur wenige Hundert Meter zum gegenwärtigen Universitätsklinikum Erlangen (Postadresse: Maximilians­ platz 2), das 2015 auf eine 200-jährige Geschichte blickt. Der vorliegende Band versucht, die reiche 200-jährige Geschichte des Erlanger Universitätsklinikums in ihren Grundzügen darzustellen. Die Abfolge der Kapitel ist chronologisch geordnet, sodass sich beim Lesen eine Entwicklungsgeschichte der Erlan- ger Universitätsmedizin – in ihren Strukturen, handelnden Akteuren, politischen und gesellschaftlichen Kontexten – darbietet. Die Entwicklung verläuft von der Gründung der Medizinischen Fakultät im Rahmen der Gesamtuniversität (1743) zur Entstehung der ersten klinischen Anstalten im beginnenden 19. Jahrhundert mit ihrem regulären sta­ tionären und ambulanten Betrieb (Kapitel 1). Eine Reihe markanter Gestalten mit ihren jeweiligen Arbeitsschwerpunkten prägt diese Epoche. Ein besonderes Augenmerk der Darstellung richtet sich auf die Lehre der Medizin. Mit dem 1824 fertiggestellten Univer- sitätskrankenhaus am östlichen Ende des Schlossgartens entsteht erstmals eine Klinik, die diesen Namen verdient und einen enormen Aufschwung der medizinischen und chirur­ gischen Tätigkeit ermöglicht. Chronologisch folgt der »Aufbruch in die Moderne«, womit die Phase der begin- nenden naturwissenschaftlichen Medizin in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gemeint ist (Kapitel 2). Hier interagieren retardierende Momente und stürmisch der neuen Medizin zugewandte Fachvertreter. Es kommt zu einer ersten Ausdifferenzie- rung klinischer Fächer, zur Errichtung weiterer Klinikbauten. In diese Zeit fällt auch die erste Äthernarkose (1847), für die Erlangen im deutschsprachigen Raum die Prio- rität hat. Im Ersten Weltkrieg zeigt die Erlanger Universitätsmedizin, ebenso wie vergleich­ bare Einrichtungen an anderen Standorten, im Sinne einer »geistigen Mobilmachung« hohe Bereitschaft, einen als patriotische Pflicht verstandenen Beitrag zum Krieg zu leis- ten. In dieser Phase, die mit dem Kriegsende 1918 nicht einfach zu Ende ist, entwickeln sich auch zukunftsweisende technische Innovationen, so in der weit über Erlangen hinaus wirkenden Strahlentherapie. Das zeitliche Ende dieses Abschnitts ist die späte Weimarer Republik, die Erlangen und insbesondere dessen Studentenschaft in einem nationalistischen Taumel hin zur aufziehenden NS-Diktatur sieht (Kapitel 3).

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