200 Jahre Universitätklinikum Erlangen 1815-2015

FRIEDRICH VON WENDT UND SEIN UNTERRICHT AM KRANKENBETT Die Einrich- tung des Clinicum Chirurgicum als Lehranstalt für ärztliche Zöglinge im Jahre 1815 gilt als der Beginn der klinischen Medizin in Erlangen. Doch bereits 1780 mit der Gründung des Klinischen Instituts durch Friedrich Wendt waren wesentliche Prinzipien des Unter- richts am Krankenbett verwirklicht und in der seit 1780 erscheinenden Nachricht von der gegenwärtigen Einrichtung und dem Fortgang des Instituti Clinici formuliert worden. So ließ Wendt trotz der »Bedenklichkeit und unzeitige[n] Schamhaftigkeit der Kranken, ihre Zufälle in Gegenwart mehrerer junger Ärzte zu erzehlen«, die Kranken- geschichte der Patienten stets vor einer Gruppe von Ärzten erfragen, gäbe doch diese Art der Befragung allen Mitgliedern der Gruppe Gelegenheit, mitzudenken. 1 Bei wich- tigen Krankheiten und Unklarheiten wurden auch alle Mitglieder nach ihrer Meinung gefragt. Nur bei Zeitknappheit berichtete Wendt allein. Auch bei der Therapie, bei der möglichst individuell auf das tatsächliche Krank- heitsbild eingegangen werden sollte, setzte Wendt auf ein breites Mitspracherecht der angehenden Ärzte. Zwar schlug er aufgrund seiner langjährigen Erfahrung eine Arznei vor, war aber durchaus für Alternativen offen: »Ich verlange aber deswegen nicht, daß diese Mittel und keine andre sollen gebraucht werden«. 2 Unabhängig von Rang und Reputation des Vorschlagenden wählte er unter den von den angehenden Ärzten vorgeschlagenen Arzneien dasjenige Mittel aus, das ihm angemessen erschien. Bei Meinungsverschiedenheiten sollte die andere Meinung sachlich und offen geprüft, das eigene Nachdenken geför- dert und nicht unterdrückt werden. Die Berichte der Studierenden über die besuchten Kranken sollten nicht als Einzelberichte an Wendt gehen, sondern bei den täglichen Zusammenkünften allen mitgeteilt werden. Nach Wendt würden die einzelnen Studierenden von den Krankenberichten der anderen profitieren und so die Geschichten mehrerer Krankhei- ten hören. Wendts didaktisches Ziel: Durch zusammen- hängenden Vortrag und die Beschreibung einer Krank- heit sollten die Zuhörer lernen, aus der Erzählung die Gründe des Verfahrens zu erkennen. Bereits 1778 hatte Wendt Vorschläge zu künftig anzustellenden practischen Übungen an seine Herren Zuhörer gerichtet , mit denen er die geplante Einrichtung des Clinicum Chirurgicum erstmals offiziell ankündigte. 3 Abb. 1 Friedrich von Wendts »practische Uebungen«. 28 Susanne Ude-Koeller

RkJQdWJsaXNoZXIy ODIyMTAw