200 Jahre Universitätklinikum Erlangen 1815-2015

»Erlanger Professorenstreit« 329 Abb. 2 Das beeindruckende Aktenkonvolut aus dem Universitätsarchiv zum Erlanger Professsorenstreit. erhielt er vonseiten der Universitätsleitung Anfang Februar 1964 wegen »unwürdigen Verhaltens« ein sofort wirksames Lehrverbot (2/3 der Senatsmitglieder stimmten dafür, 1/3 dagegen) und wurde mit ministerieller Verfügung seines Amtes als Oberarzt der Klinik enthoben. 4 Hackethal beschuldigte den Direktor der Chirurgischen Klinik, Kunstfehler in größerer Zahl begangen zu haben und suchte dies durch statistische Aufstellungen, die er durch eigene Doktoranden aus den Krankenakten ermittelt haben wollte, zu belegen. Außerdem habe Hegemann schwere Operationen, mitunter tödlich verlaufend, vorge- nommen, ohne das Einverständnis der Patienten einzuholen. Gegenüber Studierenden, Klinikmitarbeitern, Schwestern und auch dem Ministerium beanspruchte Hackethal wiederholt offen die Leitung der Chirurgischen Klinik und nannte sich selbst »weniger entbehrlich als Hegemann«, den er »für nicht zurechnungsfähig« hielt. 5 Der solcher- art angegriffene Hegemann wehrte sich, indem er die Vorwürfe Hackethals gegenüber dem Rektorat einzeln widerlegte, Solidaritätsbekundungen der Mitarbeiter zu seinen Gunsten vorlegte und nebenbei die Rechtmäßigkeit der Approbation von Hackethal bezweifelte. 6 Assistenten Hegemanns beklagten öffentlich, von Hackethal, der »Unter­ tanengeist wie in der Nazizeit« kritisiert hatte, auf eine Stufe mit »Mordhelfern und KZ-Ärzten« gestellt worden zu sein (»Süddeutsche Zeitung«, 31. Januar 1964). 7 Das Rektorat und das Ministerium nahmen die Vorwürfe Hackethals, in Anbe- tracht auch der öffentlichen Aufmerksamkeit, gegen die Qualität der Arbeit Hegemanns durchaus ernst; Hegemann wurde um Stellungnahme gebeten, auswärtige nam- hafte Chirurgen begutachteten die inkriminierten Fälle und entlasteten Hegemann. 8 Hackethals Angriff gipfelte in einer Anzeige, die er im Februar 1964 bei der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth erstattete: es ging um nicht weniger als »Mord« und den Vorwurf von »Menschenver­ suchen«. Das Ermittlungsverfahren wurde eingestellt. 9 Hackethal versuchte, Studenten und Patienten, z. T. mit dem Angebot von Bargeldzahlungen, auf seine Seite zu ziehen. Da er nicht mehr innerhalb der Fakultät lehren durfte, hielt er im Saal der Gaststätte »Deutsches Haus« (Luitpoldstraße 25, heute ein griechisches Restaurant) am 4. Februar 1964 und im »Altstädter Schießhaus« am Berg (heute die Osteria »La vita e bella«) am 12. und 19. Februar 1964 eine »Vortragsreihe über Chirurgie« ab; »Eintritt frei« und »Zutritt nur für Medizinstudenten (und Ärzte)«, so warb er mit selbst gemachten Plakaten, die an Bäumen befes- tigt waren. Die erste Veranstaltung war derart überfüllt, »dass Herr Professor Hackethal den Raum durchs Fenster betreten musste«. 10 Hackethal demonstrierte zwei Patienten, während auf dem Bürgersteig interessierte Laien durch die Fenster schauten; die Polizei war auch anwesend. Der Bierkonsum des Auditoriums

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