200 Jahre Universitätklinikum Erlangen 1815-2015

332 Karl-Heinz Leven Vorwürfe gegen Hegemann und entschuldigte sich beim Rektor der Universität. Einige Tage später verzichtete Hackethal freiwillig auf die Lehrbefugnis (Venia Legendi), da ihm der endgültige Entzug derselben durch den Senat drohte. Im Sinne eines still- schweigenden Handels durfte er im Gegenzug dafür den Titel »Professor« weiterfüh- ren; diese Möglichkeit war durch ein Rechtsgutachten im Rektorat im Mai 1964 eigens festgestellt worden. 23 Daher konnte sich Hackethal bis zu seinem Tod 1997 »Profes- sor« nennen, ohne an einer Universität Lehre auszuüben. Auch aus historischer Perspektive ist festzustellen, dass die von Hackethal gegen Hegemann vorgebrachten Anschuldigungen und Verdächtigungen sämtlich von medi­ zinischen Sachverständigen und staatsanwaltlich widerlegt bzw. für nichtig erklärt wurden. Insofern war Hegemann seinerzeit gut beraten gewesen, jede Art einer »güt­ lichen Einigung« abzulehnen. Hackethal hat den »Erlanger Professorenkrieg« in seiner 1995 unter dem bezeich- nenden Titel »Der Wahn, der mich beglückt« erschienenen Autobiografie ausführlich geschildert; auf mehr als 200 Seiten geht es in martialischen Tönen einer Weltkrieg-­ II-Berichterstattung um seinen »Krieg« gegen die »Heldenchirurgie«, der mit seinem »Stalingrad« endete. In der Erlanger Universität wollte man nicht gerne an Hackethal erinnert werden; als der SPIEGEL (1. April 1974) eine Notiz zu seiner Vita brachte, wurde jedoch hellsichtig empfohlen, diese Ausgabe »für die Akten der Fakultät anzu- schaffen […] und sei es für die Geschichtsschreibung über die Friedrich-Alexander-­ Universität«, was hier dankbar quittiert sei. 24 Zum 25-jährigen Jubiläum der von ihm an der Chirurgie gegründeten Schule für Krankenpflege wurde Hackethal 1983 bewusst nicht eingeladen (»Erlanger Nachrichten«, 10./11. September 1983). Wenige Jahre später verkündete Hackethal im SPIEGEL (Heft 4/1986), er habe das Krebsproblem gelöst. Seine Grundannahme, die der herkömmlichen Zellularpathologie nicht mehr ganz entsprach, lautete, dass der Körper ein »Vielmilliarden-Staat von Zellbürgern, wahrscheinlich nur von Zellweibern« sei. Nach Erscheinen des Artikels kam in der Er- langer Medizinischen Fakultät kurzfristig der Gedanke auf, ihm den Titel wegen der Ver- breitung »von gravierendem wissenschaftlichem Unsinn« zu entziehen. 25 Karl-Heinz Leven

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