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Professor für Innere Medizin in Erlangen und Promotor der Erlanger Pädiatrie - Franz Penzoldt (1849 – 1927)

Franz Penzoldt, Stadtarchiv Erlangen
Franz Penzoldt, Stadtarchiv Erlangen

Von seinen Studenten wurde er wegen seiner ungewöhnlichen Körpergröße "der lange Franz" genannt. Größe zeigte Franz Penzoldt auch bei seinen Bauprojekten: Er forderte die Errichtung einer Kinderklinik und setzte sich - selbst an Tuberkulose erkrankt - für den Bau einer "Volksheilstätte" für Erlanger Lungenkranke ein.

Krankheit als Forschergnade-Kampf gegen die Tuberkulose

1929 veröffentlichte Ernst Penzoldt (1892 - 1955), Sohn des Direktors der Medizinischen Universitätsklinik Franz Penzoldt, in der Unterhaltungsbeilage der Münchner Neuesten Nachrichten sein "Väterliches Bildnis. Ein Kulturbild aus dem 19. Jahrhundert". Er skizzierte darin die Erinnerung an den Vater, der selbst an Lungentuberkulose erkrankt war. Dieser habe, so Ernst Penzoldt, seine eigene Erkrankung als besondere Forschergnade erlebt. Tatsächlich behandelte Penzoldt seine Tuberkulose entsprechend der von ihm aufgestellten Behandlungsrichtlinie mit Freiluftliegekuren und Tuberkulingaben. In den Wintermonaten 1889/90 und 1890/91 wegen Krankheit beurlaubt, hielt er sich u. a. zur Kur in der Schweiz auf.

Erlanger "Zauberberg"

Von der positiven Wirkung der Sanatorien überzeugt, wusste Penzoldt, dass diese teuren Aufenthalte für viele Tuberkulosepatienten nicht zu finanzieren waren. Als Vorkämpfer für eine freiwillige Anstaltsbehandlung setzte er sich daher entschieden für die Gründung einer mit öffentlichen und privaten Mitteln subventionierten Volksheilstätte in Erlangen ein. Unter seinem Vorsitz bemühte sich der "Verein zur Gründung einer Volksheilstätte für Lungenkranke in Erlangen" seit 1899 um die Errichtung einer Lungenheilstätte. Es wäre eine "Ehrenpflicht der in günstigeren Verhältnissen Lebenden, das Leiden ihrer ärmeren Mitmenschen zu verhüten oder zu lindern", so Penzoldt.[1] Seine Gründungsidee konnte allerdings aufgrund fehlender Mittel erst 1914 mit der Eröffnung der Lungenheilstätte Spardorf realisiert werden.

Emanzipation der Kinderheilkunde

Ab 1876 las Penzoldt über Krankheiten im Kindesalter und bot seit 1882 darüber hinaus regelmäßig eine "ambulante Kinderklinik" an. 1887 richtete Penzoldt in Erlangen eine der ersten Milchküchen im Deutschen Reich ein. Die hier in einem besonderen Verfahren sterilisierte Milch wurde im Diakonissenhaus an bedürftige Familien abgegeben. Milchküchen galten als geeignete Maßnahmen zur Bekämpfung der hohen Säuglingssterblichkeit aufgrund falscher Ernährung und mangelnder Hygiene. Auf Basis seiner Erfahrungen am Ambulatorium der Medizinischen Klinik - zeitweilig waren über 50 Prozent der Patienten Kinder - unternahm er 1901 einen wichtigen Vorstoß zur Institutionalisierung der Pädiatrie in Erlangen. Zu dieser Zeit verfügten lediglich acht Universitäten in Deutschland über eine eigene Kinderklinik.

Geforderte Kinderbetten stoßen auf Widerstand

Penzoldt schlug vor, die seiner Meinung nach - auch aufgrund der seit 1901 gültigen Prüfungsordnung - dringend notwendig gewordene Universitätskinderklinik in einem neuen Pavillon zu errichten. Sein Plan scheiterte zunächst am Widerstand der Fakultätskollegen vor Ort, aber auch der übergeordneten Behörden. Nicht einmal einen eigenen Saal für Kinder mochten ihm die Kollegen der Inneren Medizin, der Chirurgie und der Frauenheilkunde auf ihren Abteilungen zugestehen.

Ein Jahr später stimmte das Ministerium einer neuerlichen Initiative Penzoldts zur Emanzipierung der Kinderheilkunde von der Inneren Medizin zu. Penzoldt hatte vorgeschlagen, seitens der Universität das an der Ecke Krankenhausstraße/Loschgestraße gelegene Privathaus des kurz zuvor verstorbenen Erlanger Historikers Karl Hegel (1813 - 1901) zu erwerben und an die Bedürfnisse einer Kinderklinik anzupassen. Da Penzoldt um diese Zeit die Direktion der Medizinischen Klinik übernahm, wurde der aus München stammende Fritz Voit (1863 - 1944) erster Direktor der Erlanger Kinderklinik.

45 Jahre Medizin für Universität und Stadt

Der bereits 1872 in Jena zum Dr. med. promovierte Franz Penzoldt hatte seine Erlanger Laufbahn 1874 als wissenschaftlicher Assistent an der Medizinischen Klinik begonnen. Zu diesem Zeitpunkt war die Universitätsmedizin im Umbruch, die Fach- und Disziplingrenzen waren noch fließend. Penzoldt habilitierte sich 1875 in Erlangen für Innere Medizin und wurde 1878 Oberarzt am Ambulatorium der Medizinischen Klinik. Im Wintersemester 1885/86 wurde er zum kommissarischen Leiter der Medizinischen Klinik und Poliklinik, 1886 dann zum ordentlichen Professor für Pharmakologie ernannt. 1893 übernahm er die Direktion des im Bau befindlichen Pharmakologisch-Poliklinischen Instituts. Nach seinem Prorektorat 1900/01 wurde Penzoldt 1903 ordentlicher Professor für Medizinische Poliklinik und Innere Medizin sowie Direktor der Medizinischen Universitätsklinik.

Als Penzoldt 1920 emeritiert wurde, konnte er auf eine 45-jährige erfolgreiche Tätigkeit in der Hugenottenstadt zurückblicken. In seiner Erlanger Zeit hatte er sich neben seinen einschlägigen Forschungen zur Tuberkulose vor allem mit Erkrankungen des Magens beschäftigt und mit dem "Lehrbuch der klinischen Arzneibehandlung" (1889) ein viel beachtetes Standardwerk geschaffen. Universität und Stadt wussten seine jahrzehntelangen Leistungen zu schätzen und ernannten Penzoldt anlässlich seines 70. Geburtstags im Jahr 1919 zum Ehrenbürger der Stadt sowie zum Ehrendoktor der Philosophischen Fakultät. Penzoldt ist auch Namensgeber der Penzoldtstraße am Burgberg und des 2005 eingeweihten Franz-Penzoldt-Zentrums für experimentell-medizinische Forschung mit Tierhaltung.

[1] StAE Acta des Stadt-Magistrats Erlangen. Betreff: Die Errichtung einer Volksheilstätte. 1899 - 1910. Fach 150, Act Nr. 8, Erlanger Volksheilstätte für Lungenkranke. Gemeinnützige Anstalt Aufruf.

Quelle: 200 Jahre Universitätsklinikum Erlangen 1815 - 2015. Hg. Karl-Heinz Leven/Andreas Plöger. Böhlau: Köln/Weimar/Wien 2016, S. 122 ff.