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Ordinarius für Gynäkologie und Geburtshilfe statt Landarzt - Karl Ludwig Ernst Friedrich Schröder

Karl Ludwig Ernst Friedrich Schröder (1838 – 1887), Bildnachweis: Porträtsammlung der Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg
Karl Ludwig Ernst Friedrich Schröder (1838 – 1887)
Bildnachweis: Porträtsammlung der
Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg

Karl Schröder studierte in Würzburg und Rostock Medizin. Nach kurzer Assistentenzeit in der Medizinischen Klinik der Hansestadt beabsichtigte Schröder zunächst, sich als Landarzt niederzulassen. Auf Aufforderung des nach Bonn berufenen Rostocker Geburtshelfers Gustav Veit (1824 - 1903) begleitete Schröder ihn an die Universität Bonn und legte damit den Grundstein für seine steile Karriere. 1866 habilitiert, nahm er zwei Jahre später den Ruf nach Erlangen an. Die Entbindungsanstalt in der Hugenottenstadt war erst unter seinem direkten Vorgänger Johann Eugen Rosshirt (1795 - 1872) im Winter 1854/55 in den "Rosshirt'schen Bau" gezogen. Dieser lag südlich des Krankenhauses an der heutigen Krankenhausstraße und bot für 24 Frauen Platz. Zuvor war die Entbindungsanstalt 27 Jahre lang im Marchandschen Haus in der Nürnberger Straße untergebracht gewesen. Dessen abseitige Lage bot den ledigen Schwangeren laut Gründungsbericht eine ruhige und - weitab vom Krankenhaus gelegen - weitestgehend keimfreie Umgebung. Wahrscheinlicher ist allerdings, dass die Erlanger Bürger die Entbindungsanstalt für ledige Schwangere als "Hort der Liederlichkeit" nicht in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft wissen wollten. Aufgrund der räumlichen Distanz zum Krankenhaus entwickelte sich die Lage auch rasch zum Nachteil für die studentische Ausbildung, die erst durch den Bezug des "Rosshirt'schen Baus" behoben werden konnte.

Gründung der Hebammenschule

Der 30-jährige Schröder wurde wenige Wochen nach dem Ausscheiden Rosshirts 1868 als Extraordinarius für Geburtshilfe nach Erlangen berufen. Seine Ernennung zum ordentlichen Professor für Gynäkologie und Geburtshilfe erfolgte ein Jahr später am 22. Juli 1869. Schröder war nicht der erste Geburtshelfer, der sich in Erlangen um die Einrichtung einer Hebammenschule bemühte, allerding der erste, der sein Vorhaben durchsetzen konnte. Entsprechende Ambitionen seiner Vorgänger, seit 1843/44 aktenkundig, waren allesamt folgenlos geblieben. Wie auch frühere Kollegen zielte Schröder mit seinem Projekt nur bedingt auf die Verbesserung der Hebammenausbildung ab. Es ging ihm vielmehr in erster Linie darum, bei stagnierender oder sogar sinkender Zahl der Klinikgeburten den geburtshilflichen Unterricht für die ansteigende Zahl der Medizinstudenten sicherzustellen.

Im "Rosshirt'schen" Bau kamen zu Beginn der Amtszeit Schröders jährlich nur etwa 75 Frauen nieder. Dahingegen genoss die der Bamberger Hebammenschule assoziierte Entbindungsanstalt zu dieser Zeit mit über 200 Geburten im Jahr einen ausgezeichneten Ruf. Zur "Attraktivitätssteigerung" des Standortes Erlangen schien Schröder die Einrichtung einer eigenen Hebammenschule daher als ein probates Mittel. Offensichtlich teilten die Entscheider seine Sichtweise, sodass die Hebammenschule am 3. März 1874 offiziell gegründet und Schröder zu ihrem Direktor bestimmt wurde. Die Ausbildung der zunächst zwölf Hebammenschülerinnen dauerte vier Monate. Der theoretische und der praktische Unterricht lagen in den Händen eines in der Stadt praktizierender Arztes sowie einer Oberhebamme. Um zu verhindern, dass die praktische Hebammenausbildung mit dem studentischen Unterricht kollidierte, sollte der praktische Teil möglichst in den Semesterferien stattfinden.

Institutionalisierung der Frauenheilkunde in Erlangen und Berlin

Nach nur kurzer Amtszeit hatte Schröder die Institutionalisierung der Gynäkologie in Erlangen maßgeblich vorangebracht. 1870 waren seine weitsichtigen Bemühungen um den Ausbau der Gynäkologie erfolgreich: Sein Plan für einen Neubau einen Entbindungsanstalt mit angeschlossener Gynäkologischer Poliklinik wurde genehmigt. Die Bauarbeiten im Garten des Krankenhauses begannen 1876, nochmals zwei Jahre später konnte der Bau 1878 in Betrieb genommen werden. Zu diesem Zeitpunkt hatte Schröder allerdings schon an die Universitätsfrauenklinik Berlin gewechselt, wo er als geschickter Operateur zum wichtigen Impulsgeber für die operative Gynäkologie wurde. Der von ihm initiierte und unter seinem Nachfolger Paul Zweifel (1848 - 1927) realisierte "Schröder-Zweifel-Bau" bildet noch heute den Osttrakt der Frauenklinik.


200 Jahre Universitätsklinikum Erlangen 1815–2015. Hg. Karl-Heinz Leven/Andreas Plöger. Böhlau: Köln/Weimar/Wien 2016. S. 100–110, 432 f.

http://www.frauenklinik.uk-erlangen.de/ueber-uns/unsere-historie

http://www.175jahrefrauenklinik.de/index.htm