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Todbringender Staub - Friedrich Albert von Zenker

Friedrich Albert von Zenker, Quelle: Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg, Porträtsammlung
Friedrich Albert von Zenker,
Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg,
Porträtsammlung

Durch äußere Schadstoffe verursachte Lungenkrankheiten, sogenannte Pneumokoniosen, gehören heute zu den häufigsten Berufskrankheiten. Der Erlanger Pathologe Friedrich Albert von Zenker entdeckte schon 1867die Gefahren der Staubinhalationen. Zuvor hatte er 1860 in Dresden die Gesundheitsgefährdung durch den Verzehr von verdorbenem Fleisch nachgewiesen.

Harmlose Schmarotzer unterschätzt

Der in Dresden geborene Pathologe und Arzt Friedrich Albert von Zenker (1825 - 1898) studierte von 1843 bis 1849 in Leipzig und Heidelberg Medizin. 1855 wurde er in seiner Heimatstadt Dresden zum Professor der Allgemeinen Pathologie und Pathologischen Anatomie ernannt. Hier gelang ihm 1860 der Nachweis, dass die bis dato als "harmlos" geltenden Trichinen, winzige Fadenwürmer, schwere, zuweilen tödlich verlaufende Erkrankungen auslösen können. Das am 12.01.1860 in das Stadtkrankenhaus Dresden-Friedrichstadt aufgenommene 20-jährige Dienstmädchen Marie D. war mit der klinischen Diagnose Typhus abdominalis mit Fieber und starken Muskelschmerzen eingeliefert worden. Nach dem Tod der Patientin entdeckte der Pathologe im Muskelgewebe der jungen Frau zahlreiche Trichinen. In der Arbeitsstätte der Verstorbenen wurde ein trichinöser Schinken eines zuvor geschlachteten Schweines gefunden. Man war sich sicher: "[D]er kleine Heuchler ist entlarvt"[1].

1865 erhielt Zenker für die Entdeckung der "Trichinenkrankheit des Menschen" den renommierten Montyon-Preis der Pariser Akademie der Wissenschaften. Aufgrund der Zenkerschen Entdeckung forderte der berühmte Pathologe Rudolf Virchow (1821 - 1902) dringend die Einführung einer amtlichen Fleischbeschau. Zunächst nur in einzelnen Ländern eingeführt, galt sie ab 1900 im gesamten Deutschen Reich.

Eisenstaublunge. Pathologische Sammlung der Universität Erlangen Nürnberg. Foto: Philip Eichhorn.
Eisenstaublunge. Pathologische Sammlung der Universität
Erlangen Nürnberg. Foto: Philip Eichhorn

"die Luft erscheint gefärbt"

1862 wurde in Erlangen die Professur für Pathologische Anatomie eingerichtet und mit Zenker besetzt. Das entsprechende Institut in der Krankenhausstraße 4 eröffnete allerdings erst zehn Jahre später am 31. Oktober 1873. Mit Zenker gewann Erlangen für 33 Jahre einen der hervorragendsten Vertreter des Faches. Zu den herausragenden Leistungen des ersten Ordinarius für das neue Fach der Pathologischen Anatomie zählt auch seine Entdeckung der Eisenstaublunge. In seiner viel beachteten Arbeit "Über Staubinhalationskrankheiten der Lungen" schilderte er die gesundheitsgefährdenden Arbeitsbedingungen in einer von ihm besichtigten Fabrikanlage in Nürnberg-Steinbühl: "Was nun diese Fabriken betrifft, so werden in ihnen die kleinen Bücher von Fliesspapier verfertigt, in die das feine Blattgold gelegt wird [...] das Lokal wo gefärbt wird, ist sehr klein [...] eine besondere Ventilation fehlt; wird der Staub zu arg, so werden die Fenster geöffnet, [...] nicht nur Wände, Tische u.s.w. sind roth, sondern auch die Luft erscheint gefärbt, so dass Einem, der es nicht gewohnt ist, der Mund in einigen Minuten trocken wird "[2] Zenker schilderte in seiner Veröffentlichung auch den Fall der 31-jährigen Fabrikarbeiterin Marie F. die in der von ihm erwähnten Fabrik starken Rost-Stäuben (Eisenoxid) ausgesetzt war. Marie F. wurde im Januar 1864 in das Städtische Krankenhaus Nürnberg aufgenommen und verstarb nach wenigen Tagen. Zenker, der nach dem Tod der Patientin in Erlangen die Lungen untersuchte, war fassungslos: "Ich kann wohl sagen, dass kaum je ein Anblick eines pathologisch-anatomischen Präparates mich so überrascht hat wie der dieser Lungen. Dieselben zeigten durchaus [...] eine so intensive ziegelrothe Färbung [...] als wären sie mit rother Farbe überstrichen"[3].

Das Originalpräparat der von Zenker ausführlich beschriebenen Eisenstaublunge ist bis auf den heutigen Tag erhalten und gehört zu den wertvollsten Objekten der Pathologischen Sammlung, die mit Zenker als Kurator einen erheblichen Aufschwung erlebte.

Im Jahr 1949 wurde in Erlangen die Zenkerstraße nach ihm benannt.

[1] http://www.khdf.de/cms/Kliniken+und+Institute+/Institute/Institut+f%C3%BCr+Pathologie+_Georg+Schmorl_+/Historische+Entwicklung/Zenker.html, aufgerufen am 24.11.2015

[2] Aus: Friedrich Albert von Zenker: Ueber Staubinhalationskrankheiten der Lungen. In: Deutsches Archiv für Klinische Medizin 2 (1867), S. 116-172, hier 132.

[3] Ebenda, S. 130

 

Quellen: 200 Jahre Universitätsklinikum Erlangen 1815-2015. Hg. Karl-Heinz Leven/Andreas Plöger. Böhlau: Köln/Weimar/Wien 2016, S. 72ff.; Erlanger Stadtlexikon. Hg. Christoph Friederich, Bertold Frhr. von Haller, Andreas Jakob. Nürnberg 2002, S. 760; Tilman Rau/Marion Ruisinger: Pathologische Sammlung, in: Die Sammlungen der Universität Erlangen-Nürnberg. Begleitband zur Ausstellung "Ausgepackt. Die Sammlungen der Universität Erlangen-Nürnberg" 20.5.-29.7.2007. Erlangen 2007, S. 169-178.