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Eine der ersten Nierentransplantationen in Deutschland

Bildnachweis: Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO), Pressebilder
Bildnachweis: Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO), Pressebilder

Kranke Organe einfach gegen gesunde auszutauschen, ist ein alter Wunschtraum der Medizin. Seit etwa 100 Jahren wird weltweit versucht, bestimmte Krankheiten durch Organersatz zu heilen. In Deutschland ist die Organentnahme bei Hirntoten seit 1968 zulässig.

Fremde Organe annehmen

1966 wurde in Erlangen unter der Leitung von Prof. Dr. Alfred Sigel eine der ersten Nierentransplantationen in Deutschland durchgeführt, eine Lebendnierenspende. Weltweit die erste Nierentransplantation, ebenfalls eine Lebendspende, hatte zwölf Jahre vorher in Boston der US-amerikanische Chirurg Joseph Murray gewagt. Da Spender und Empfänger eineiige Zwillinge waren, fielen die Abstoßungsreaktionen gering aus, der Empfänger überlebte den Eingriff sieben Jahre. Der Patient des südafrikanischen Chirurgen Christiaan Barnard, dem in Kapstadt 1967 weltweit das erste Herz transplantiert worden war, starb dagegen schon drei Wochen nach dem Eingriff an einer Lungenentzündung. Sein Immunsystem war zur Vermeidung der gefürchteten Abstoßungsreaktionen zu stark unterdrückt worden. Diese bis in die 1980 er-Jahre nicht beherrschbare Gefahr einer Abstoßung führte nach einer Phase der Euphorie und einer Welle von Transplantationen zeitweilig zu großer Zurückhaltung bei den Organtransplantationen. Die massiven, früher oft lebensbedrohlichen Abwehrreaktionen des Körpers auf das fremde Organ sind heute durch die lebenslange Einnahme von Medikamenten kontrollierbar. Dank der Fortschritte der beteiligten Fächer sind viele Transplantationen technisch gesehen für die Ärzte fast zur Routine geworden.

Transplantationszentrum Erlangen-Nürnberg

Das Transplantationszentrum Erlangen-Nürnberg am Universitätsklinikum Erlangen gehört heute zu den großen Transplantationszentren in Bayern.[1] Eine Nierenlebendspende bei unverträglichen Blutgruppen wurde in Erlangen bayernweit erstmalig 2005 durchgeführt, diese Transplantationen stellen mittlerweile einen Schwerpunkt des Erlanger Nierenprogramms dar. 2014 wurde die 3.000 Niere transplantiert. Inzwischen ist jede dritte Nierenspende eine Lebendspende. Außerdem werden Transplantationen von Leber, Bauchspeicheldrüse und Herz vorgenommen. Die erste Herztransplantation erfolgte im April 2000, 2008 wurde im Universitäts-Herzzentrum Erlangen die erste Kinderherztransplantation durchgeführt. Lebern werden seit Anfang 1992 in Erlangen transplantiert, seit 2015 in Kooperation mit dem Klinikum der Universität München. Bundesweit führend ist das Uni-Klinikum Erlangen auf dem Gebiet der Hornhauttransplantation. In der Augenklinik gibt es seit 1994 eine Hornhautbank. Sie verwaltet Spenderhornhäute und Informationen über Patienten, die auf eine Hornhauttransplantation warten. Einen weiteren Schwerpunkt stellt die Transplantation von Stammzellen bei Leukämiepatienten am Uni-Klinikum Erlangen dar.

Gesetzliche Regelungen

Den rechtlichen Rahmen der Organspende bildet das Deutsche Transplantationsgesetz von 1997 (TPG). In § 3 TPG wird als Voraussetzung für die Organentnahme der Hirntod vorgeschrieben. Dieser wird in der 2015 aktualisierten vierten Fortschreibung der Richtlinie zur Feststellung des Todes der Bundesärztekammer als endgültiger, nicht behebbarer Ausfall der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms (irreversibler Hirnfunktionsausfall) festgestellt. Die Hirntoddiagnostik erfolgt durch zwei voneinander unabhängige Fachärzte mit mehrjähriger Erfahrung in der Intensivbehandlung von Patienten mit akuten schweren Hirnschädigungen. [2]

Des Weiteren bestimmt der Gesetzgeber u. a. eine "Nachrangigkeit" der Lebendspende gegenüber der Postmortalspende. Das bedeutet, dass die Lebendspende nur dann erlaubt ist, wenn keine hirntoten Spender für eine Organentnahme zur Verfügung stehen. Darüber hinaus ist die Lebendspende nur zwischen nahen Angehörigen oder zwischen einander in besonderer "persönlicher Verbundenheit" nahestehenden Personen möglich. Weitere gesetzliche Regelungen betreffen die Zustimmungspflicht zu der Organentnahme. Zum 1. November 2012 wurde die bisherige erweiterte Zustimmungslösung durch die Entscheidungslösung ersetzt, nach der alle Bundesbürger ihre Bereitschaft oder Nichtbereitschaft zur Organ- und Gewebespende schriftlich festhalten sollen.

Fremde Organe - ein knappes Gut

Weder die Organe von Verstorbenen noch die "geschenkten Organe"[3] von Lebenden stehen in Erlangen und andernorts in ausreichender Zahl zur Verfügung. Laut der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), die die Zusammenarbeit zwischen den Transplantationszentren und den Entnahmekrankenhäusern organisiert, warten in Deutschland aktuell etwa 10.000 Menschen auf ein Spenderorgan.[4] Am 31.12.2014 standen 267 als transplantabel gemeldete Patienten auf der Warteliste des Transplantationszentrums Erlangen-Nürnberg.[5] Transplantationsskandale der vergangenen Jahre haben die ohnehin geringe Spendenbereitschaft deutschlandweit noch einmal deutlich zurückgehen lassen.

Literatur: 200 Jahre Universitätsklinikum Erlangen, 1815 - 2015. Hg. Karl-Heinz Leven/Andreas Plöger. Böhlau: Köln/Weimar/Wien 2016, S. 383 – 394

[1] www.transplantation.uk-erlangen.de

[2] Zur aktuellen Kontroverse vgl. http://www.ethikrat.org/dateien/pdf/stellungnahme-hirntod-und-entscheidung-zur-organspende.pdf; http://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/irrev.Hirnfunktionsausfall.pdf

[3] Wöhlke, Sabine: Geschenkte Organe? Ethische und kulturelle Herausforderungen bei der familiären Lebendnierenspende. Frankfurt am Main 2015.

[4] http://www.dso.de/home.html

[5] Tätigkeitsbericht des Transplantationszentrums Erlangen-Nürnberg am Universitätsklinikum Erlangen 2014 nach § 11 Abs. 5 TPG […] http://www.dso.de/uploads/tx_infoc/Erlangen_Nuernberg_2014.pdf