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Erich Rügheimer – Operationen ohne Altersgrenzen (1926 – 2007)

Erich Rügheimer, Anästhesiologische Klinik
Erich Rügheimer, Anästhesiologische Klinik

Das bayernweit erste Extraordinariat für Anästhesiologie wurde 1966 in Erlangen geschaffen. Nach vier Jahren war mit der Berufung Erich Rügheimers auf den Lehrstuhl für Anästhesiologie und der Erteilung der Lehrbefugnis die Eigenständigkeit der Anästhesie erreicht. 1974 wurde die Abteilung zum selbstständigen zentralen Institut für Anästhesiologie erhoben.

Erster Extraordinarius für Anästhesiologie

Rügheimer schloss sein Medizinstudium in Erlangen 1951 mit dem Staatsexamen und der Promotion ab. Er arbeitete zunächst in der Chirurgischen Klinik als Assistent bei Otto Goetze (1886 - 1955). Dieser galt als scharfer Gegner der Verselbstständigung der Anästhesie und stand den Plänen zum Ausbau des Faches weitestgehend ablehnend gegenüber. Erst unter seinem Nachfolger Gerd Hegemann emanzipierte sich die Anästhesie aus ihrer zugeschriebenen "Hilfsfunktion" für die Chirurgie, sodass die Erlanger Professionspolitik des Faches zunehmend erfolgreicher wurde. Auch Rügheimer wandte sich jetzt verstärkt der Anästhesie zu. Nach zwei Facharztausbildungen für Anästhesie (1956) und Chirurgie (1958) wurde er unter Gerd Hegemann 1960 Oberarzt der Chirurgischen Klinik und Leiter der 1956 gegründeten "Abteilung für Anästhesie bei der Chirurgischen Universitätsklinik". Ein Jahr später folgte die Erlanger Fakultät den Empfehlungen des Wissenschaftsrates und stellte einen Antrag auf Neuerrichtung eines Extraordinariats für Anästhesie. Der 1964 für das Fach Anästhesie habilitierte Rügheimer war eindeutiger Wunschkandidat der Fakultät und wurde nach Antragsgenehmigung zum 1. April 1966 Extraordinarius für Anästhesiologie - der Erste an einer bayerischen Universität. 1970 zum Ordinarius ernannt und von 1974 bis 1979 Dekan der Medizinischen Fakultät leitete Rügheimer die 1974 in "Institut für Anästhesiologie der Universität" umbenannte Einrichtung bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1995.

Von der Chirurgie zur Anästhesiologie

Die entscheidenden Voraussetzungen zur Professionalisierung und Zentralisierung der Anästhesie waren durch die Einrichtung einer neuen Anästhesieabteilung und die "Akquise" von fachlich versierten Ärzten unter Gerd Hegemann gelegt worden. Während der Amtszeit Rügheimers, der die "Bedeutung der Anästhesie für die operative Medizin" 1968 zum Thema seiner programmatischen Antrittsvorlesung gemacht hatte, erweiterte sich der Aufgabenbereich der "Anästhesie-Abteilung" über die Chirurgische Klinik hinaus ständig. Die Abteilung übernahm ab 1961 sukzessive die anästhesiologische Betreuung für die Hals-Nasen-Ohren-Klinik sowie die Kiefer-, die Augen- und die Frauenklinik. 1974 war mit der Namensgebung "Institut für Anästhesiologie der Universität" die Einrichtung einer zentralen Anästhesie realisiert und die Verselbstständigung  als eigenständiges Fach innerhalb der Medizinischen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg erreicht.

Sicherheit in der Anästhesie

Die stetige Verbesserung der Operationstechniken erlaubte neue und immer kühnere Eingriffe, die an die Anästhesiologie hohe Ansprüche stellten. "Altersgrenzen scheinen kaum noch zu existieren: vom Neugeborenen bis zum 100jährigen kann praktisch jeder Patient, der - um es einmal überspitzt zu formulieren - noch atmet, mit berechtigter Aussicht auf Erfolg operiert werden",[1] so Rügheimers 1984 geäußerte markante Einschätzung. Dabei war sein zentrales Anliegen stets die ständige Qualitätskontrolle zur Erhöhung der Patientensicherheit. Der zweimalige Präsident der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Wiederbelebung (1973/74 und 1979/80) und Präsident des 7. Weltkongresses der Anästhesiegesellschaft (1980) forderte von seinen Kollegen stets einen kritischen und sicheren Umgang mit den verwendeten Narkosemitteln. Er war auch Herausgeber zweier 1990 und 1993 veröffentlichter Fachpublikationen, die "Konzepte zur Sicherheit in der Anästhesie" vorstellten.[2] Der erste Band widmete sich den menschlichen und technischen Fehlern, der zweite den Risiken durch Pharmaka. Auch viele seiner zahlreichen klinisch-wissenschaftlichen und klinisch-experimentellen Arbeiten hatten immer wieder Fragen der Patientensicherheit zum Thema. Für seine Verdienste um die medizinische Forschung wurde das Ehrenmitglied zahlreicher Fachgesellschaften 1984 mit der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes geehrt.


[1] Zitiert nach 200 Jahre Universitätsklinikum Erlangen 1815–2015. Hg. Karl-Heinz Leven/Andreas Plöger. Böhlau: Köln/Weimar/Wien 2016, S. 359.

[2] Rügheimer, Erich: Konzepte zur Sicherheit in der Anästhesie/1. Fehler durch Mensch und Technik. Berlin 1990;-Konzepte zur Sicherheit in der Anästhesie/2. Risiken durch Pharmaka. Berlin 1993.

Literatur: 200 Jahre Universitätsklinikum Erlangen 1815 – 2015. Hg. Karl-Heinz Leven/Andreas Plöger. Böhlau: Köln/Weimar/Wien 2016, S. 359 ff.; www.anaesthesie.uk-erlangen.de/ueber-uns/geschichte.